Um das Verbreitungspotential der Mistel abzuschätzen, wurde das auf Europa-Daten entwickelte Modell verwendet, um Prognosen für die Zukunft durchzuführen. Dabei wurden Vorhersagen für verschiedene Klimaszenarien sowie fiktive Bestandes-Situationen (Alter, Kiefernanteil, Kronenverlichtung) durchgeführt. In Abbildung 6 ist eine Deutschlandkarte mit der Modell-Prognose für 2021–2050 abgebildet – mit dem ungünstigsten, da wärmsten Klimaszenario aus dem Portfolio des Forschungsprojektes (RCP85 HAD013). Zu sehen ist das potentielle Befallsrisiko für die Kiefer in Deutschland im Alter von 80 Jahren und einem Bestandes-Anteil von 75 % sowie einer mittleren Kronenverlichtung von 25 %. Letztere stellt einen Wert für den Nadelverlust dar und gibt Aufschluss über den Vitalitäts- bzw. Kronenzustand. In der Karte wird sichtbar, dass ein hohes Risiko von 50 – 60 % (hellgelb) auf 16,6 % von Deutschland zutrifft. Die hohen Vorhersagewerte werden teilweise in Gebieten angegeben, wo die Mistelverbreitung bereits heute vorhanden ist und werden auch ebenfalls durch die Beobachtungen aus MV bestätigt (Abb. 4). Weitere Berechnungen zeigen, dass bei höher angesetzten Altersvorgaben das prognostizierte Risiko deutlich steigt.
Es ist hilfreich, potenziell gefährdete Bestände bereits frühzeitig zu erkennen. Der Modellierungsansatz kann hier eventuell Abhilfe schaffen. Erwähnen sollte man dabei aber stets, dass ein anderer zukünftiger Klimaverlauf auch zu einer Abschwächung des Mistelbefalls führen kann. Diese Unsicherheiten des Klimas, insbesondere für MV, sind beispielsweise bei Thurm & Wöhlbrandt (2024) thematisiert worden. Höhere Niederschläge beispielsweise führen zu einer Stärkung des Wirts und befähigen zu einem besseren Reaktionsvermögen durch Überwachsen des Keimlings; zu heiße, sommerliche Temperaturen führen zu einem frühzeitigen Absterben des Keimlings, ehe dieser die Leitbahnen erreicht hat. Das Klima in den Modellansatz zu integrieren ist deshalb sinnvoller als die rein statische Vorhersage von aktuellen Trends (Abb. 3) oder über die reine Betrachtung von Bestandesvariablen, um auch mit diesen Unsicherheiten rechnen zu können.
Für die Prozentangaben der Modellvorhersagen fehlt es allerdings noch an einer quantitativen Bewertung. Dies ist ein weiteres Forschungsanliegen unsererseits, sodass aus einer Prognose z. B. klare Wertverluste je Hektar abgeleitet werden können. Dies könnte zum einen manche Dramatik nehmen, zum anderen auch den Entscheidungsprozessen Nachdruck verleihen, wenn es um Gegenmaßnahmen wie frühere Holzentnahme oder sogar langfristigen Waldumbau geht.
Allerdings reicht hierfür die aktuelle Datenlage noch nicht aus, da auf Bestandesebene zu wenig bekannt ist, wie stark die Mistel den Zuwachs letztlich reduziert. Eine Literaturrecherche unsererseits und angesetzte Wissenschaftskooperationen sollen diese Datenlücke zukünftig verkleinern.






